Spuren

[…] Ich habe sie nie abgewaschen, diese Flecken, Spuren meines Lebens. Ich brauche diese Spuren. Sie setzen sich fest, überall, in jedem unachtsamen Moment. In den Achtsamen vermeidet man sie. Saubere Hosen, saubere Röcke, saubere Hemden. Normalerweise reinigt man Beflecktes. Ich tue das nicht. Flecken gehören zu mir wie die Narben an meinem Körper und in meiner Seele. Diese Spuren, die das Leben hinterläßt, sind ehrlich. Sie sind offensichtlich. Vor ihnen kann ich mich nicht verstecken. Ich stelle sie zur Schau: Seht, ich habe gelebt. […]

[Auszug aus der Erzählung „Flecken“. In: Signum. Blätter für Literatur und Kritik 2012-1, S. 131-135]